"Halt! Hören Sie sofort auf mit
dem Unsinn!"
Das Gebot, vor allem das Verbot
steht für sich selbst, unangefochten. Unsinn zu produzieren, gehört sich nicht.
Das kostet mindestens drei Vaterunser und ein Gegrüßest-seist-du, Maria.
Abgekürzt wird nicht! Auf die Knie, ihr Verdammten! Was immer ihr verbrochen
habt, Strafe muss sein!
Die Flüge nach Bangkong werden
dennoch nicht eingestellt. Das Urlaubsparadies für alternde Pädophile, die
verabsäumten sich rechtzeitig einen Platz in der katholischen Kirche zu sichern
oder wenigstens in einer Jugendherberge aushelfen zu dürfen, genießt regen
Zuspruch.
Das Hotel Orient, nicht die nobelste
Adresse der Stadt, beherbergt auch Kinder.
"Wir bieten keine Intimmassagen und Zimmerbesuche sind in unserem Hotel
unerwünscht!", steht auf einem Schild rechts des Stiegenaufgangs,
der in die oberen Stockwerke
führt. Angebracht, vor allem für alle diejenigen, die das kleine,
gleichlautende Schild bei der Rezeption übersehen haben.
Wer zahlt schafft an, wo kämen wir
da hin, ließe man sich vorschreiben, was man in seinem Zimmer macht, wenn man
ein Batzen Geldes bezahlt hat.
Die Stewardessen der Thai-Air sahen
vielversprechend aus. Und jetzt?
Besucher sollten sich von den
öffentlichen Garküchen fernhalten, so ihnen ihr Leben lieb ist, empfiehlt die
Reiseleitung.
Denjenigen, die zuhause geblieben
sind, empfiehlt die heimische Gesundheitsbehörde wiederum auf den Genuss von
Hartberger Bauernkäse, Quargel genannt, zu verzichten. Die Hartberger
Bauernkäse seien etwas Besonderes, verlautete früher. Schon allein deswegen,
weil es in Hartberg schon lange keine Milchkühe mehr gäbe. Der Topfen für den
Käse stamme aus Deutschland und die Firma gehöre einem amerikanischen Konzern,
da könne es schon einmal passieren, dass die vielbeschworene, vielgerühmte
“österreichische Qualität” einen Dämpfer bekäme.
Lysterien seien
in aller Mägen und Munde,
macht die Runde.
Die Konzernsprecherin ist ganz
offensichtlich in die Jahre gekommen. Man sieht ihr nicht mehr an, sich mit dem
Lügen schwer zu tun.
Sie, Zornes-Göttin.
Zeitgemäß beißt sie tiefe Wunden.
Die Pfeile Dianas stecken im Köcher. Es ist modern geworden, allein zu sein.
Sie aber, die Göttin, bewohnt ein
Apartment in der Innenstadt und geht selten aus. Wenn, dann besucht sie nur die
allerbesten Adressen. Sie hat sich zur Angewohnheit gemacht, niemanden an sich
heranzulassen. Hin und wieder lässt sie, an sich heran, dann aber nicht wirklich nahe.
Sie bezahlt dafür und kann gehen.
Das sei praktisch und helfe ihr Beziehungskrisen
zu verhindern. So spart sie Energie, die im Beruf gewinnbringender angelegt
werden kann. Morgen schon könnte sie nicht mehr gebraucht werden. Und dann?
Die Göttin, so erzählte sie einmal,
sei verletzt worden, in früherer, archaischer Zeit. Blut rinne ihr jetzt mit Vorliebe aus ihren Augenwinkeln und
weniger aus dem Geschlecht. Das habe sie sich abgewöhnt. Es sei zu beschwerlich
gewesen.
Sie wäre immer schon lieber ein Mann gewesen, da habe man diese
Probleme nicht. Ja, sie habe "das" immer schon als Problem gesehen,
sagte sie.
Und, immer schon hätte sie die Buben
beneidet, die jederzeit schwimmen hätten gehen können, wenn ihnen danach
gewesen sei. Sie hingegen hätte immer schlecht gerochen, von unten herauf.
Alles waschen, hätte da nichts geholfen.
Mutter habe sie gerne in den
Vordergrund geschoben, um ihr hinten herum eine Watsche nach der anderen
herunterzuhauen. Geliebt hätte sie, die Mutter, ausschließlich die Brüder.
Jetzt lässt sie Mutter täglich im
Rollstuhl von einem Zivildiener in den Garten hinaus fahren. Er sieht ihrem
Sohn ähnlich und sie liebt ihn dafür. Der sie einst störende Geruch hat sich
schon vor Jahren gelegt, jetzt riecht sie sich schon lange nicht mehr und dem
jungen Mann, wie sie ihn nennt, scheint das egal zu sein.
“Möchten Sie mehr in die Sonne?”
“Nein danke, es ist schön so.” sagt dann Mutter zufrieden.
Manchmal, zu den hohen Festtagen
kommen auch die Söhne zu Besuch, ihre Tochter bleibt diesen Anlässen fern, sie
erkennt sie kaum noch. Zweimal im Jahr werden Blumen
geschickt. Einmal zu Mamas Geburtstag, einmal am Valentinstag. Verzeihung gibt
es, Heilung nicht.