Freitag, 1. Mai 2020

Alltagsgeschichte

Also, ich muss sagen, mir macht "der Corona" gar nix. Weil, schauns, ich bin ja keiner, der gern fort ist. Ich bin eh lieber z'haus, und das darf ich jetzt auch sein. Mir taugt  das. Ich bin gern zu Haus. Ich brauch das nicht, das Reisen. Und fliegen mag ich sowieso nicht. Ich sag immer, wenn ich fliegen sollt, hätt mir der Herrgott Flügel wachsen lassen.
Ich bin gern zu Haus, wie gesagt. In der Früh schau ich fern, Frühstücksfernsehen, das dauert so bis neun und dann mach mir eine Jause, weil eine Jause, das muss sein.
Punkt neun, da bin ich heikel, da macht der Mensch immer schon - also seit Menschengedenken - eine Pause und macht sich eine Jause. Das hat mein Opa auch schon so gemacht. Punkt neun, wenn es war, hat er den Hobel hingelegt, oder was er halt sonst in der Hand gehabt hat, und hat g'sagt: So Bua, jetzt machen wir eine Pause!
Es hat nicht lange gedauert und dann ist der Bäcker gekommen und hat uns zwei Salzstangeln gebracht. Ja, ich hab immer ein Salzstangel bekommen, wenn ich bei meinem Opa in der Werkstatt war, dann haben wir uns auf die Werkbank g'setzt und das Salzstangel gegessen. Anschließend waren wir durstig und der Opa hat öfter einen Most aus dem Keller geholt. Ich war vier Jahre alt damals, ungefähr halt.
Dann hab ich ihm noch eine Virginia anrauchen dürfen. Heimlich! Die Oma, die "Moastarin", hat das aber net sehen dürfen. Einmal hat sie uns aber doch zufällig erwischt und furchtbar geschimpft mit dem Opa. "Heit spinnts wieder" hat er dann gesagt. Und dann haben wir weitergearbeitet, der Opa und ich, in der Werkstatt.
Der Opa war Wagner und hat Wägen gebaut, aus Holz. Aber er hat auch ganz andere Sachen gemacht, Stiele für Hacken oder Sensen. Und einmal im Jahr, im Frühling meistens, sind die Zigeuner gekommen und haben ihre Wägen reparieren lassen. Dann sind die Wägen bei uns im Hof gestanden. Das war eine Gaudi!
Eines Tages, da war ich schon ungefähr sechs, das werde ich nie vergessen, hat er sich beim Hobeln, mit der Abrichtmaschine drei Finger weggehobelt. Da ist er schon etwas blass geworden der Opa, er hat in den Spänen unter der Maschine noch nach den Fingern gesucht, er hat sie aber nicht gefunden. Und dann hat er gesagt, dass wir jetzt aufhören müssen, mit dem Arbeiten, weil er in das Spital nach Graz fahren muss.
Dann ist er in die Küche gegangen, hat sich von der Oma einen Verband anlegen lassen und ist mit dem Autobus um 10 Uhr 20 in das Unfallspital gefahren.
Drei Finger der rechten Hand, der kleine, der Ringfinger und der mittlere,  waren pfutsch.
Das hat dem Opa aber nicht viel ausgemacht. Er hat noch bis zu seinem Achtziger weitergearbeitet. Nach seinem Tod, hat die Oma, die "Moastarin", das ganze Werkzeug billig verkauft und die Werkstatt zu einer Zweizimmer-Wohnung umgebaut, da sind dann Herr und Frau Geiminger eingezogen bei uns. So war das.
Aber das wird Sie nicht interessieren, weil Sie die Geimingers ja gar nicht kennen.

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